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Militärputsch in Burkina Faso / Aufruf zur Demo in Berlin / Wer ist Gilbert Diendéré? / Jetzt erst recht: Symposium & Konzert
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Militärputsch in Burkina Faso

Mit großer Besorgnis und blankem Entsetzen beobachten wir die Entwicklungen in einem unserer thematischen Schwerpunkt- und Partnerländer, dem westafrikanischen Staat Burkina Faso. Eine Schreckensnachricht jagt die nächste. Folgendes spielt sich ab:
Am vergangenen Mittwoch, den 16. September 2015, wurde die Übergangsregierung, die seit dem Sturz Blaise Compaorés Ende Oktober 2014 den demokratischen Übergang des Landes gesichert hat und soeben die ersten demokratischen Wahlen vorbereitet hat, die am 11. Oktober 2015 stattfinden sollten, von der Präsidentengarde (Régiment de Sécurité Présidentielle, RSP), einem Überbleibsel aus Compaorés 27jähriger Diktatur, kurzerhand in Geiselhaft genommen.

Der Ex-Präsident ist zwar im Exil, doch seine bis an die Zähne bewaffnete und extrem gut ausgebildete, 1.300 Mann starke Spezialeinheit treibt noch immer ihr Unwesen im leidgeprüften Burkina Faso. Übergangspräsident Michel Kafando, Premierminister Yacouba Isaac Zida und zwei Minister sind der Elitetruppe in die Hände gefallen.

Die Bevölkerung hat auf die Festsetzung der Regierung noch am selben Abend mit massiven Demonstrationen reagiert, die vom RSP brutal niedergeschlagen wurden. Alle Radio- und Fernsehstationen wurden militärisch besetzt und die Übertragungen gestoppt, Journalisten systematisch verfolgt und misshandelt. Es gab Verletzte und Tote. Die Forderungen der RSP waren zunächst unklar. Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich am Donnerstagmorgen: Über das Fernsehen wurde verkündet, dass die Regierung bzw. der Nationalrat der Transition (Conseil National de la Transition, CNT) abgesetzt sei und fortan der bis dahin nicht existente Nationale Demokratierat (Conseil National de la Démocratie, CND) regiere. Kurz darauf ernannte sich der international bekannte Schwerverbrecher und Mörder Gilbert Diendéré (siehe unten), der seit jeher als die rechte Hand Blaise Compaorés gilt und der unter anderem die Ermordung einer der größten politischen Figuren Afrikas, des ehemaligen Präsidenten von Burkina Faso, Thomas Sankara, konzertiert hat, zum Präsidenten des CND und damit zum Staatschef von Burkina Faso. Gleichzeitig gilt verfassungsrechtlich der Präsident des CNT, Chériff Sy, in Abwesenheit des Präsidenten Kafando als legitimer Interimspräsident.

Die Burkinabè sind nun erneut auf den Straßen, um „ihre Revolution“ mit ihrem nackten Leben zu verteidigen. Überall wird demonstriert, es kommt zu Zusammenstößen zwischen DemonstrantInnen und Militär mit etlichen Todesopfern und unzähligen Verletzten. Mehr Informationen

Die ProtagonistInnen der zivilgesellschaftlichen Bewegung, die 2014 am Sturz Compaorés maßgeblich beteiligt waren, werden systematisch verfolgt. Wir fürchten um Leib, Leben und Familien der beiden Gründer des „Balai Citoyen“, Sams’K Le Jah und Smockey – des einen Haus wurde angezündet, des anderen Tonstudio mit Raketen (!) beschossen und ebenfalls in Brand gesetzt. Die beiden Aktivisten werden Mitte Oktober zum Symposium „Mit Besen und Kochlöffeln gegen den Diktator – Burkina Faso zwischen Revolte und Wahl“ in Berlin erwartet.

Das Symposium ist die Auftaktveranstaltung zum Projekt „Unsere Zahl ist unsere Stärke – Junge Demokratiebewegungen in Afrika“, in dessen Rahmen AfricAvenir bis Ende 2016 vier Symposien zu verschiedenen thematischen und regionalen Schwerpunkten organisieren wird.

Die internationale Gemeinschaft verurteilt den Putsch geschlossen und fordert die Freilassung der Regierungsmitglieder und eine schnellstmögliche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung; die legitime Regierung und die Opposition verweigern sich jeglichem Dialog mit Diendéré und dem CND, solange die Geiselhaft nicht beendet ist.

Angeblich sollen Kafando und die beiden Minister mittlerweile auf freiem Fuß sein, aber von Premierminister Zida fehlt bis dato jede Spur. Es kursieren bisher unbestätigte Gerüchte, dass er zu Tode gefoltert worden sei – ein Zeichen für seine Integrität und sein echtes Engagement für das Wohl von Burkina Faso und gleichzeitig für das terroristische Potenzial derer, die die Macht an sich gerissen haben.

Wir verurteilen diesen antidemokratischen Militärputsch, ausgeführt von einer Horde von Gangstern und angeführt von einem der schlimmsten Verbrecher des afrikanischen Kontinentes, aufs Schärfste. Diese selbst ernannte Regierung entbehrt jeglicher demokratischen Legitimation; ihre Machtübernahme verstehen wir als Angriff auf alle uns bekannten demokratischen und völkerrechtlichen Grundsätze und rufen die deutsche und internationale Öffentlichkeit zu unbedingter Solidarität mit dem Volk von Burkina Faso auf.

Eine Demonstration zur Unterstützung des burkinischen Volkes in seinem Kampf um seine Freiheit, Würde und seine demokratischen Rechte findet am kommenden Montag, den 21. September 2015, um 15:00 Uhr vor der Botschaft von Burkina Faso und um 17:00 Uhr vor dem Auswärtigen Amt statt. (siehe unten)

Am Symposium „Mit Besen und Kochlöffeln gegen den Diktator – Burkina Faso zwischen Revolte und Wahl“ und am daran anschließenden Film & Konzert halten wir fest, sie werden wie geplant am 16. Oktober 2015 im Roten Salon der Berliner Volksbühne stattfinden.

Es lebe das Volk von Burkina Faso! Es leben Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie!

Aufruf zur Demo in Berlin

Montag, 21.9.2015 zunächst vor der Botschaft Burkina Faso (15h00) und dann vor dem Auswärtigen Amt (17h00)
In Anbetracht der Tatsache, dass sich die deutsche Außenpolitik in Sachen Menschenrechtsverletzungen – vor allem auf dem afrikanischen Kontinent – allzu gerne in diplomatisches Schweigen hüllt, rufen der Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland e.V., die Burkinische Gemeinde in Deutschland, AfricAvenir und der Arbeitskreis Panafrikanismus zu einer Demonstration als Zeichen der Solidarität mit dem burkinischen Volk auf. Wir können und wollen die Augen nicht verschließen und müssen dies laut und deutlich kundtun.

Versammeln wir uns zahlreich und mit Plakaten, Transparenten, Trillerpfeifen etc. „bewaffnet“ vor der Botschaft von Burkina Faso und vor dem Auswärtigen Amt, der außenpolitischen Schaltzentrale Deutschlands!

Montag, den 21.09.2015, 15:00 Uhr, Botschaft von Burkina Faso, Karolingerplatz 10-11 (U-Bhf. Theodor-Heuss-Platz) und 17:00 Uhr Auswärtiges Amt, Werderscher Markt 1 (U-Bhf. Französische Str.)
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JETZT ERST RECHT - Symposium & Konzert in Berlin

Hochkarätig besetztes Symposium, 16.10., Volksbühne
Am 16. Oktober 2015 ab 10:00 Uhr begrüßen wir JETZT ERST RECHT ProtagonistInnen der burkinischen Revolte (u.a. Smockey, Sams’K Le Jah), internationale ExtertInnen (u.a. Francis Kpatindé, Bruno Jaffré, Aziz Salmone Fall) und BeobachterInnen (u.a. Ulrich Ladurner, Dr. Dirke Köpp) zu einem ganztägigen Symposium zum Thema „Mit Besen und Kochlöffeln gegen den Diktator – Burkina Faso zwischen Revolte und Wahl“ im Roten Salon der Volksbühne Berlin. Weitere Infos

Der Eintritt ist frei, die Anmeldung ist erwünscht unter t.kulla@africavenir.org
Film & Konzert: Smockey & Sams'K Le Jah, 16.10., Volksbühne
Im Anschluss an ein spannendes Symposium zeigen wir im Abendprogramm ab 19:00 Uhr den Film „Revolution mit bloßen Händen – Der Werdegang eines Volkes“ (Preview) in Anwesenheit der beiden Regisseure Moussa Ouédraogo und Hans-Georg „Ebs“ Eberl. Danach geben sich die beiden Aktivisten und Musiker Smockey und Sams’K Leh Jah in einem einmaligen gemeinsamen Konzert mit ihrer Band ebenfalls im Roten Salon die Ehre. Weitere Infos

Eintritt 15 € / 10 € (erm.) Kartenvorbestellung hier

Wer ist Gilbert Diendéré?

Die ehemalige rechte Hand Compaorés hat mehrere politische Morde auf dem Gewissen, u.a. den an Thomas Sankara
Der selbsternannte neue Staatschef und Vorsitzende des Nationalen Demokratierates CND hat eine lange militärische Karriere hinter sich. Bei der Machtergreifung von Thomas Sankara noch treibende Kraft, hat er sich schon früh auf die Seite Blaise Compaorés geschlagen. Bei der Ermordung Sankaras hatte er das Kommando, wenn er nicht sogar höchstpersönlich abgedrückt hat. Etliche Folterungen und Morde gehen auf sein Konto, auch die „Eliminierung“ der beiden anderen Revolutionsführer Jean-Baptiste Boukary Lingani und Henri Zongo im Jahr 1989. Auch beim Mord an den investigativen Journalisten Norbert Zongo soll er eine Hauprolle gespielt haben und wird als Drahtzieher in zahlreichen Konflikten der Region genannt - zuletzt tauchte sein Name häufig im Charles Taylor Prozess auf. Gleichzeitig ist Diendéré ein enger Verbündeter Frankreichs (u.a. Légion d'Honneur) und der USA und hat mit den in Burkina stationierten französischen Spezialeinheiten die Flucht Compaorés organisiert.

Bis heute gilt er als treuer Anhänger Blaise Compaorés und war kurz vor dem Putsch vom vergangenen Mittwoch in der Elfenbeinküste – wohl, um den ehemaligen Diktator Compaoré zu treffen, was er bestreitet.

Klar ist aber, dass Diendéré gute Gründe hatte, die Flucht nach vorne zu ergreifen: Am 15.9. sollten die Ergebnisse der Obduktion der Leiche Sankaras bekannt gegeben werden. Er selbst hatte bereits eine Vorladung der Untersuchungskommission im Mord an Sankara erhalten. Und die von der Übergangsregierung einberufene Reformkommission hatte vor kurzem vorgeschlagen, das Régiment de sécurité présidentielle (RSP) aufzulösen.
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